Berlin () – Der Architekt des EU-Türkei-Abkommens, der Migrationsforscher Gerald Knaus, sieht die italienische Auslagerung von Asylverfahren nach Albanien kritisch. „Giorgia Meloni ist es gelungen, mit ihrem Abkommen oder ihrer Einigung mit Albanien einen medialen Coup zu landen“, sagte er dem TV-Sender „Welt“ am Mittwoch. „Ob es aber etwas bringt, das wissen wir jetzt noch lange nicht.“
Die entscheidende Frage sei, ob das Abkommen ein Vorbild sein könne, würde sich erst entscheiden, wenn die Asylverfahren abgeschlossen seien, so der Migrationsforscher weiter. Erst dann würde man nämlich sehen, was mit denen passiere, die aus Bangladesch oder Ägypten in Albanien von italienischen Beamten abgelehnt werden. Dann werde man sehr schnell auf das Grundproblem zurückkommen, ob Bangladesch oder Ägypten zur Rücknahme der Asylsuchenden bereit sind. „Denn wenn das nicht passiert, bleibt Italien verantwortlich unter diesem Abkommen“, sagte Knaus. „Und dann werden diese Leute über kurz oder lang nach Italien zurückgebracht.“ Es sei relativ klar, dass das nicht funktionieren werde.
Knaus stellte außerdem die Aussagekraft der aktuellen Zahlen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex infrage, nach denen die irreguläre Migration in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 42 Prozent gesunken sei. „Viele, die in den letzten vier Jahren in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, vor allem aus Syrien und Afghanistan, wurden auf der gesamten Balkanroute nie erfasst. Die sind durchgekommen ohne Registrierung“, sagte er. „Die tauchen in den Statistiken von Frontex nicht auf. Aber sie sind dann in Österreich oder Deutschland aufgetaucht, und zwar mehr als zweieinhalb Mal so viele wie in den Jahren 2017, 2018 und 2019.“ Man müsse also „immer aufpassen, wenn man über Fortschrittsmeldungen hört“, so Knaus. „Wenn es da nur um Prozente geht im Vergleich zu einem Rekordjahr, ist das noch kein Durchbruch.“
Die Begriffe „illegalen Migration“, „irreguläre Migration“ und „undokumentierte Migration“ werden häufig synonym verwendet. Der Großteil der Asylsuchenden, die nach Deutschland kommen, gilt zunächst als „illegal eingereist“, da sie Asylanträge nicht vor ihrer Einreise stellen können. In Deutschland können sie allerdings legal ein Asylgesuch stellen. Werden die Anträge genehmigt, gelten die Flüchtlinge als regulär aufhältig.
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Bildhinweis: | Flüchtlinge auf der Balkanroute (Archiv) |
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