New York (dts Nachrichtenagentur) – Der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze warnt vor unerwünschten Nebenwirkungen der westlichen Finanzsanktionen gegen Russland. Die Strafmaßnahmen träfen die russische Mittelschicht mit Einkommenseinbußen.
„Das birgt die Gefahr einer Proletarisierung, wie wir sie in der Weimarer Republik erlebt haben“, sagte Tooze dem „Spiegel“. „Ich fürchte, dass eine Wirtschaftskrise in Russland für eine massive nationale Mobilisierung sorgen könnte, bei der eine laute Minderheit auf die Straße geht und das Regime zu weiterer Eskalation anspornt.“ Die Strategie des Westens berge erhebliche Risiken, erklärte der Professor für Geschichte an der New Yorker Columbia University. So komme es zu einer Überschneidung von laufenden Kampfhandlungen in der Ukraine und neuen Sanktionen.
„Wir im Westen sind keine nachträglich strafende Instanz, sondern aus russischer Perspektive eine kriegsführende Partei. Damit geraten wir möglicherweise in eine Eskalationsspirale.“ Die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine könnten den Kriegsverlauf kaum noch ändern, warnt der Wirtschaftshistoriker. „Die Lieferungen sind Solidaritätsgesten und ein gefundenes Fressen für die russische Propaganda“, so Tooze.
„Was wir machen, ist zu wenig und kommt zu spät.“
Foto: Metro St. Petersburg, über dts Nachrichtenagentur
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