Paris/Moskau (dts Nachrichtenagentur) – Das auf EU-Ebene beschlossene Sanktionspaket wird Russland wirtschaftlich hart treffen und bringt Putin in eine nie dagewesene Situation. Zu diesem Schluss kommt der in Paris lehrende russische Ökonom Sergej Gurijew.
“Das wird dem russischen Haushalt einen sehr heftigen Schlag versetzen”, sagte er der FAZ (Mittwochausgabe). Sein Öl ersatzweise nach China und Indien umzuleiten, werde für Russland nicht einfach werden, da die EU höchstwahrscheinlich in den nächsten Monaten weitere Maßnahmen verhängen werde, gegen russische Tanker, gegen den Transport von russischem Öl mit Schiffen anderer Länder und gegen die Versicherung solcher Transporte. In einem halben Jahr werde Putin vor der Wahl stehen, wem er die Gehälter kürzt – Soldaten, Beamten, Polizisten – oder ob er weniger Aufträge an seine Freunde vergibt. “In so einer Lage ist Putin nie zuvor gewesen”, sagte Gurijew.
Mittelfristig werde der Preis für russisches Öl fallen, prognostiziert der Forscher. Wenn früher der Ölpreis gefallen sei, habe Putin Währungsreserven genutzt. “Die sind jetzt eingefroren. Und schon im April war das Haushaltsdefizit bedeutend”, sagte Gurijew.
Auf das Jahr hochgerechnet dürften es etwa 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein. “Das Land gibt mehr Geld für den Krieg aus und nimmt weniger Steuern aus Nicht-Öl-und-Gas-Exporten ein”, bilanzierte der Ökonom. Im Moment heuere Putin für viel Geld neue Soldaten in armen Regionen an und verspreche den Familien hohe Summen für den Fall, dass sie umkommen. “Wenn aber das Haushaltsdefizit weiter wächst, werden Putin die Mittel ausgehen, um den Krieg in der Intensität wie jetzt weiterzuführen”, so der 50 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler, der am Institut d`Etudes Politiques (Sciences Po) lehrt.
Der Ökonom rechnet damit, dass es auch wegen der wirtschaftlich schlechten Aussichten für Putin schwer werde, die Krise als Präsident zu überstehen. “Ich kann mir schwer vorstellen, dass er unter diesen Bedingungen noch fünf Jahre lang so weitermachen kann”, sagte Gurijew.
Foto: Raffinerie PCK in Schwedt, über dts Nachrichtenagentur
- Wagenknecht warnt vor russischen Atomschlägen - 3. Oktober 2024
- Aufmarsch in Görlitz: Ermittlungen gegen sieben Rechtsextremisten - 3. Oktober 2024
- Verbaucher beklagen Probleme mit ausländischen Bankverbindungen - 3. Oktober 2024