Kaum ein anderes Staatsunternehmen in Deutschland hat einen so schlechten Ruf wie die Deutsche Bahn. Ständige Verspätungen, Züge, die einfach ausfallen, Schienen und Gleise in einem schlechten Zustand und heruntergekommene Bahnhöfe. Die Liste der Bahnmängel ist lang und wird immer länger. Viele Passagiere beklagen sich zudem über einen schlechten Service und wollen eine Entschädigung, wenn der Zug verspätet war oder gar nicht gefahren ist. Aber an wen müssen sich die enttäuschten Zuggäste wenden und wie viel Entschädigung gibt es im Einzelfall?
Wann muss die Bahn zahlen?
Ist der Zug mal wieder zu spät, dann haben die Fahrgäste ein Recht auf Entschädigung. Ab einer Stunde Verspätung gibt es 25 Prozent des Fahrpreises zurück, bei zwei Stunden wird sogar die Hälfte des Fahrpreises erstattet. Wird eine Verspätung von mindestens 20 Minuten zum jeweiligen Zielbahnhof angezeigt, dann ist der Fahrgast berechtigt, ohne Mehrkosten in einen anderen Zug einzusteigen. Die eigentliche Zugbindung wird in diesem Fall aufgehoben. Diese Regelung gilt übrigens nicht nur für das Deutschlandticket.
Wann muss die Bahn nicht zahlen?
Allerdings gibt es auch Situationen, bei denen die Bahn ihre Kunden nicht entschädigen muss. Dies ist bei der sogenannten höheren Gewalt der Fall. Seit Sommer 2023 gibt es neue Rechte für die Bahnreisenden in Europa. Nach diesen neuen Regularien muss die Bahn nicht zahlen, wenn bei einem Sturm Bäume oder Äste auf die Gleise gefallen sind. Erdrutsche, die bei einem Starkregen die Gleise unbefahrbar machen, sind ebenfalls nicht im Entschädigungskatalog der Bahn zu finden. Auch wenn ein Blitzschlag eine Oberleitung lahmlegt, bekommen Bahnreisende ihren Fahrpreis nicht erstattet. Trotzdem kann es sich lohnen, bei der Bahn nachzufragen, da die Bahn oft aus Kulanzgründen entschädigt.
Was ist bei einer Erstattung zu tun?
Fahrgäste, die Anspruch auf eine Entschädigung seitens der Deutschen Bahn haben, sollten versuchen, eine schriftliche Bestätigung einzuholen. Diese Bestätigung gibt es entweder beim Informationsschalter der Bahn oder beim Zugbegleiter, was vielfach sehr umständlich oder gar nicht möglich ist. Für eine Erstattung ist die schriftliche Bestätigung jedoch nicht zwingend erforderlich, da die Bahn alle Abfahrts- und Ankunftszeiten der Züge dokumentiert. Wer bei einer Erstattung des Fahrpreises den bequemen Weg gehen möchte, sollte die Bahn online kontaktieren. Dazu muss die Fahrkarte aber über die App oder die Webseite der Bahn gekauft worden sein. In dem Fall das Kundenkonto öffnen und auf „Alle Buchungen anzeigen“ klicken. Danach auf „Auftrag bearbeiten“ gehen und die Option „Fahrgastrechte“ anklicken. In das Feld die tatsächliche Ankunftszeit und mögliche Extraausgaben eintragen sowie für die Überweisung der Entschädigung die Kontodaten angeben.
Was passiert bei einer extremen Verspätung?
Kommt ein Zug entweder überhaupt nicht oder verspätet sich extrem, dann haben Fahrgäste das Recht, auf ein Taxi oder ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen. Falls der Zug laut Fahrplan in einem Zeitrahmen zwischen Mitternacht und 5:00 Uhr morgens ankommen soll, jedoch mehr als eine Stunde Verspätung hat, dann gilt dies als eine extreme Verspätung. Fällt der Zug ganz aus und ist es zugleich die letzte Verbindung an diesem Tag, dann erstattet die Bahn die Taxifahrt. Die Kosten für die Fahrt dürfen allerdings eine Summe von maximal 80 Euro nicht überschreiten. Das Gleiche gilt auch, wenn der Zielbahnhof nicht mehr vor Mitternacht erreicht werden kann.
Ein Beispiel
Immer wenn ein Zug 20 Minuten Verspätung hat oder komplett ausfällt, dann hat der Kunde Möglichkeiten, auszuweichen. Er kann beispielsweise einen anderen Zug nehmen oder eine teure Verbindung nutzen, ohne einen Aufpreis zahlen zu müssen. Der Kunde muss hier allerdings in Vorleistung gehen. Genauer gesagt: Er muss entweder den Fahrpreis oder den Zuschlag zahlen. Dieser Betrag wird ihm später von der Bahn erstattet. Hat beispielsweise ein Regionalexpress eine halbe Stunde Verspätung, dann darf der Fahrgast für dieselbe Strecke auch einen IC nutzen. Allerdings muss das Ticket für den Intercity zuvor gekauft werden. Wer mit einer stark ermäßigten Fahrkarte wie dem Deutschlandticket unterwegs ist, kann die Erstattungsregel seit Mitte vorigen Jahres nicht mehr nutzen.
Was passiert bei einem Bahnstreik?
Sollten die Mitarbeiter der Deutschen Bahn streiken und der Zug hat deshalb 20 Minuten Verspätung oder fährt gar nicht, dann dürfen die Bahnkunden einen beliebigen anderen Zug nutzen. Eine sogenannte Zugbindung besteht in diesem Fall nicht mehr und es gibt ein Recht auf Entschädigung. Nach der neuen Verordnung für Fahrgäste ist ein Streik jedoch keine höhere Gewalt.
Fazit
Die Zahl der Reisenden, die sich täglich aus unterschiedlichen Gründen über die Deutsche Bahn ärgern, wächst von Tag zu Tag. Dennoch lässt sich nicht jeder den gesamten Fahrpreis oder ein Teil des Ticketpreises erstatten. Diesen Weg zu gehen, lohnt sich trotzdem, auch wenn es oft lange dauert, bis das Geld auf dem Konto ist.
Bild: @ depositphotos.com / Jkstock
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