Verschläft Deutschland die Digitalisierung?

Der Staat stiehlt dem Bürger Lebenszeit – das klingt auf den ersten Blick drastisch, entspricht aber auf jeden Fall der Realität. Jeder Deutsche hat mehr als einmal bei Amt oder bei der Zulassungsstelle gesessen und stundenlang gewartet. Einen neuen Ausweis beantragen, ein Auto ummelden oder Unklarheiten bei der Steuererklärung beseitigen, das heißt Geduld mitbringen, denn die Bearbeitung kann sehr lange dauern. Dabei geht es einfacher, und zwar durch Digitalisierung. Die Technik gibt es schon lange und sie kommt in den meisten Ländern der EU bereits zum Einsatz, nur leider nicht in .

Wie der Staat kostbare Zeit verschwendet

Bürokratie ist das, was in Deutschland ganz groß geschrieben wird. Alles ist auf irgendeine Weise bürokratisch, selbst die Steuererklärung. Wie jedes Jahr, so haben viele Deutsche die freie Zeit zwischen und Silvester genutzt, um die Steuererklärung zu machen. Belege heraussuchen, alles zusammenzählen, das Ganze zu Papier bringen und Formulare mit dem Kugelschreiber ausfüllen. Das kostet Lebenszeit, besonders im Hinblick darauf, dass es auch einfacher geht. Falls der Staat sich endlich dazu durchringt, Steuererklärungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen abzuschaffen, hilft effektiv dabei, Zeit zu sparen und Bürokratie abzubauen. Wer abhängig beschäftigt ist oder eine bezieht, der hat wenig Vermögenswerte und eine verbindliche Steuererklärung ist daher sinnlos.

Der Albtraum Behörde

Alle Arbeitnehmer, die einen neuen Personalausweis oder einen Reisepass benötigen, müssen sich mindestens den Vormittag freinehmen, um zum Einwohnermeldeamt zu gehen. Das Gleiche gilt auch, wenn es um eine Ummeldung nach einem Umzug geht. Je nach Größe der Stadt ist es besser, sogar einen Tag zu nehmen. Das ist Verschwendung, die nicht sein müsste. Behörden arbeiten langsam und ohne Digitalisierung wird eine Behörde wie das Einwohnermeldeamt, in Zukunft noch mehr Aktenberge vor sich herschieben. Ein Tag Urlaub wird für die Ummeldung oder die Passverlängerung in dem Fall nicht mehr ausreichen. Dass es einfacher geht, zeigt das Beispiel Onlinebanking, dort ist die Digitalisierung bereits angekommen.

Einfach ein Konto eröffnen

Eine Bank ist keine staatliche Behörde, vielleicht geht es deshalb deutlich schneller. Noch vor wenigen Jahren war auch das Eröffnen eines Bankkontos mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, beispielsweise um zum Nachweis der Identität. Heute ist das klassische Postident-Verfahren zwar auf Wunsch noch möglich, wer es aber bequemer haben will, der entscheidet sich für eine Videokonferenz. Das sogenannte Video-Ident-Verfahren und damit die Eröffnung eines Kontos sind jetzt in der Mittagspause möglich. Kein einziger Urlaubstag wird geopfert und trotzdem geht alles glatt. Warum ist der Staat nicht in der Lage, diesen digitalen Service anzubieten? Es ist kein großer Aufwand, wenn ein Mietvertrag dem Amt per Videokonferenz vorgelegt wird. Der Mitarbeiter beim Einwohnermeldeamt erstellt dann für die elektronischen Akten ein paar Screenshots und fertig.

Es gibt mit „Identity Wallet“ bereits eine passende Software, um Identitätsnachweise auch digital verwalten zu können. Jeder, der zu Hause einen Computer hat, muss nicht mehr aus dem Haus gehen oder sich freinehmen, um einen Ausweis verlängern zu lassen. Die mit der Software macht es möglich, vom heimischen PC aus zu agieren. Der Gang zur Behörde, das Ausfüllen der Formulare und die stundenlange Warterei hätte endlich ein Ende. Alles ist digital möglich, ein Auto anzumelden ebenso wie ein Reisepass zu beantragen, der Staat muss nur wollen.

Bild: © Depositphotos.com / stadtratte

Verschläft Deutschland die Digitalisierung?

Ulrike Dietz
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