Wie Berlin Wohnungsinvestoren enteignen will

Die deutsche Hauptstadt hat schon einiges hinter sich, aber etwas anderes hat Berlin so aufgewühlt, wie das aktuelle Volksbegehren. Nicht nur die Berliner diskutieren kontrovers darüber, wie sie dem Mietwucher und der Gentrifizierung in der Stadt begegnen sollen. Die Initiatoren des Volksbegehrens sehen nur einen Weg und der heißt Enteignung. Rund 30 Gruppen stehen für eine Großdemonstration am kommenden Samstag in den Startlöchern. „Gegen die Verdrängung und den Mietwucher“, so lautet das Motto dieser Demo, die die erste Stufe zum geplanten Volksbegehren ist.

Mehr als 3000 Wohnungen

In Berlin wird der bezahlbare Wohnraum immer knapper. Schuld daran sind vor allem die großen Wohnungsbaugesellschaften wie die „Deutsche “ und die „Vonovia“. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen – Spekulation bekämpfen“, will in Berlin ein Gesetz durchsetzen. Dieses Gesetz soll für alle Wohnimmobilien und Grundstücke gelten, auf denen die Häuser stehen. Es soll immer dann zur Anwendung kommen, wenn ein Investor mehr als 3000 Wohnungen besitzt. Nur so ist es möglich, die Grundrechte auf Eigentum zu schützen. Wie viele in Berlin betroffen sind, steht noch nicht fest. Dem Berliner Senat für Stadtentwicklung liegt eine Liste von zehn Unternehmen vor, sie alle fallen nach der Definition der Bürgerinitiative unter den Begriff „Vergesellschaftung“.

Welche Unternehmen stehen auf der Liste?

Ganz weit oben steht die „Deutsche Wohnen“ mit aktuell 111.150 Wohnungen, dann folgen die „Vonovia“ mit 44.000 Wohnungen und die „ADO Properties S.A.“ mit über 22.000 Wohnungen. Die Liste umfasst noch eine Reihe von weiteren Unternehmen, die alle weitaus mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzen. Das ist jedoch nur ein Bruchteil der Wohnungseigentümer, eine realistische Liste ist wohl doppelt so lang. Der Grund für die lückenhafte Auflistung ist, dass Prüfungen nur möglich sind, wenn eine Einsicht ins Grundbuch gesetzlich begründet ist. So fehlen unter anderem genaue Angaben über Berliner Traditionsunternehmen wie Becker & Kries, die deutlich mehr als 3000 Wohnungen in Berlin haben. Auch das britische Unternehmen „Pears Global Real Estate“ mit mehr als 6000 Wohnungen in der Hauptstadt findet sich auf keiner Liste.

Was sagt das Grundgesetz?

Die Bürgerinitiative beruft sich auf das Grundgesetz, und zwar auf die Artikel 14 und 15. Im Artikel 14 ist von einer Enteignung die Rede, wenn diese dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dieser Artikel wird hin und wieder auch angewandt, beispielsweise wenn ein Stück Land für den Bau einer Straße benötigt wird. Der Zweck der Enteignung muss immer ausreichend begründet sein. Allein die Frage, ob eine Enteignung der Wohnungsunternehmen auch verfassungskonform ist, reicht nicht aus, es kommt noch eine weitere rechtliche Hürde dazu. Falls die Entschädigung für die Enteignung so hoch ist, dass Land Berlin finanziell in Schieflage gerät, dann ist das Volksbegehren nicht zulässig.

Das Volksbegehren und auch die Bürgerinitiative wollen im Grunde nur, dass den Spekulationen endlich Einhalt geboten wird. Sie sind es, die die Mieten nach oben treiben. Kommt es zu einer Enteignung, dann sind es nicht mehr rund 300.000 Wohnungen, die unter kommunaler Verwaltung stehen, sondern mindestens 540.000 Wohnungen. In der Folge würden die Preise für und auch für die dazugehörigen Grundstücke rasant fallen und das Wohnen wäre wieder bezahlbar.

Bild: © Depositphotos.com / santorini

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Ulrike Dietz
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